Freitag, 3. April 2009

Battanbang, Phnom Penh, Kep: Cambodia, Kingdom of Wonder (Koenigreich des sich Wunderns)

Nach langer Zeit haben wir wieder etwas Ruhe und einen Computer. Hier eine Zusammenfassung unserer vielen Erlebnisse der letzten 10 Tage:

BATTANBANG
In Siem Reap hatten wir uns Tickets fuer ein Speed Boat nach B. gekauft - auf dem Schild war ein doppelgeschossiges Schnellboot zu sehen. Als wir am naechsten Morgen, nach holpriger Fahrt auf der Ladeflaeche eines Pickups mit weiteren 8 Reisenden samt Gepaeck, am Steg ausserhalb der Stadt ankamen, war das Erstaunen gross: Auf einem schaebigen Holzkahn mit improvisiertem Motoerchen, eng zusammengestaucht mit weiteren ueberraschten Menschen ging es auf die dann sogar 9stuendige Fahrt (laut Hotel sollte sie 4-5 Stunden dauern).

Pittoresque in der Tat - wir durchfuhren Flussdoerfer, Haeuser auf Stelzen mit badenden Kindern - wurde die Fahrt in der Hitze und auf harten Holzbaenken schnell zur Qual. Ueber den Tonle Sap, einen grossen Binnensee, ging es spaeter durch schmale Kanaele, die fuer die Bevoelkerung gleichzeitig Abwasserkanal und Schwimmbad darstellten. Es stank teils furchtbar. Zur Mittagszeit stoppten wir in einem Fischerdorf und assen eine Portion Reis mit Bohnen - vielleicht unser Verhaengnis?

In Battanbang selbst, der zweitgroessten Stadt des Landes, gibts wenig zu sehen. Wir hatten das grosse Glueck, bei einem netten deutschen Couchsurfer unterzukommen, Philipp. Durch ihn kamen wir zu einer exklusiven Fuehrung durch ein buddhistisches Kloster von einem mit ihm befreundeten Moench. Der hat auf dem Grundstueck gleich noch eine Schule fuer Englisch und Koreanisch aufgemacht (zweites Bild), weil die Schulbildung allgemein miserabel sei. Der Tempel wurde uebrigens waehrend der Periode der Roten Khmer als Gefaengnis benutzt und alle Buddhastatuen zerstoert - unter den Roten Khmer war auch Religion verboten.

Auf unserer Radtour zeigte uns Philipp ausserdem eine Guava- und Mangofarm (Verkoestigung inklusive), sowie das laendliche Leben in Kambodscha. Hunderte kleine Kinder liefen teils winkend auf uns zu, wenn wir drei auf unseren Raedern vorbeifuhren, ein tolles und fuer uns unerwartetes Gefuehl. Aber viele europaeische Touristen kommen dort sicherlich nicht vorbei.

Dann allerdings erwischte uns ein uebler Mageninfekt und streckte uns nieder. War es das Essen im Dorf, war es die Fahrt auf dem Kanal? Philipps Wohnung wurde zum Hospital und die Deutsche Welle, einziger deutscher TV-Sender hierzulande, hatte ein paar Zuschauer mehr. Nach zwei Tagen gings dann wieder einigermassen. Die Einladung eines Kollegen von Philipp zum Essen (ein fettiges scharfes Huhn sollte es sein) mussten wir leider ausschlagen. Allerdings wurden wir Abends zum grossen Essen der Thueringisch-Cambodschanischen Gesellschaft eingeladen, die gerade die Grundsteinlegung fuer ein wohltaetiges Projekt feierten.

Nach vier Tagen fuhren wir mit einem unglaublichen Karaokebus weiter nach

PHNOM PENH
Auch in Phnom Penh hatten wir Glueck und wohnten drei Naechte lang bei Couchsurfern. Nicolas ist Photograph und versucht, durch sein Engagement auf die soziale Ungerechtigkeit im Land aufmerksam zu machen. Frank arbeitet bei einer NGO und kuemmert sich um Opfer der letzten Kriege sowie Mienengeschaedigte. Durch die Erzaehlungen der beiden sowie die Besuche des Foltergefaengnisses 'Tuol Sleng' alias S21 (erstes Bild) und am Tag darauf bei den Killing Fields (zweites Bild) wurde uns das Leid und die Ungerechtigkeit, die dem Land in den letzten Jahrzehnten geschehen sind, in vollem Umfang bewusst.

Die Periode der Roten Khmer von 1975 bis 1979 ist noch wenig verarbeitet worden von der Bevoelkerung. Damals wurde rund ein Viertel der eigenen Bevoelkerung ermordet, und diese Tragoedie hat das Land bis heute nicht verarbeitet. Aber wir sind keine Historiker - lest bei Interesse am besten bei Wikipedia weiter. Uns wurde allerdings auf einen Schlag klar, dass jeder hier im Land seine persoenlichen Erfahrungen mit dieser schlimmen Zeit hat, und das hierzulande viele Taeter und Massenmoerder nach wie vor frei sind und teils wichtige Positionen besetzen.

Durch Nicolas fanden wir fuer die Zeit in Phnom Penh einen tollen Tuktuk-Fahrer, Sina, der uns neben den Killing Fields auch viele weitere Orte zeigte und uns nebenbei die Missstaende in seinem Land in aller Haerte demonstrierte. Auf dem Rueckweg von den Killing Fields fuehrte er uns zum Beispiel zu einer riesigen staedtischen Muellkippe, auf der vor allem Kinder arbeiten, aber auch ganze Familien wirklich leben. Wir selbst hielten es vor Gestank kaum aus.

Wer auch nach Phnom Penh kommt, unbedingt bei Sina melden und sich von ihm die Stadt und die Gegend zeigen lassen! Seine Website lautet http://www.homelandtourism.com/

Sina, der 10 Jahre Moench war, zeigte uns aber auch die interessanten und schoenen Seiten der Stadt. In einem buddhistischen Tempel brachte er uns in ein kleines Kellergewoelbe, wo uns in duesterer Atmosphaere ein alter Mann nach buddhistischer Tradition segnete. Kniehend in dem dunklen, heissen Raum war es eine sehr unheimliche, aber unheimlich intensive und schoene Geste. Nebenan im grossen Tempel schauten wir dann zu, wie eine verstorbene alte Frau von ihrer Familie fuer die oeffentliche Verbrennung angekleidet wurde. Beim Besuch eines weiteren Tempels, Wat Phnom, auf dem einzigen Huegel der Stadt, wurden wir Zeuge, wie einer der vielen dort lebenden Affen meine verschlossenen Wasserflasche schnappte, sie fachmaennisch oeffnete und in gierigen Zuegen trank. Im naheliegenden Olympiastadion beobachteten wir, wie die Reichen Phnom-Penn(h)er im Akkord ihrer sportlichen Taetigkeit nachgingen. Danach waren wir reif fuer die Insel, auf der Suche nach Abkuehlung, Erfrischung, Ruhe und Entspannung...

...RABBIT ISLAND (DOG ISLAND) !
Nach langerlanger und abenteuerlicher Busfahrt ueber unbefestigte und schlammige Strassen, sowie einer schoenen Bootsfahrt landeten wir auf Rabbit Island. Die Insel wird in Reisefuehrern (Lonely Planet 2007) als einsame Insel mit langen Straenden, einem Restaurant und 7 (sieben) Bungalows gepriesen. Angekommen an einem durchaus traumhaften Palmenstrand trafen wir dann allerdings auf knapp 7 Restaurants und so circa 40 Bungalows, und waehrend unserer Zwei Tage wurde noch eines schnell aus Bambusstaeben zusammengewerkelt. Der Tourismus macht auch vor Suedkambodscha nicht ganz halt. Allerdings kostet hier ein Bungalow nur 4-5 Dollar pro Nacht. Allerdings muss man mit bruechigem Boden aus Bambusstaebchen, ohne Strom (nur Abends kurz) sowie fehlender Duschmoeglichkeiten vorlieb nehmen. Dafuer machen die Inselbewohner aber gute Pancakes mit Fruechten der Saison (Banane, Ananas). Auch die Kokosnuss kommt mit 2000 Riel guenstig daher. Touristen waren so 20 bis 30 ueber die Insel verteilt, hielt sich erfreulich in Grenzen. Viele fuhren Abends wieder zum Festland, einige uebernachteten und man traf sich auf einen gepanschten Drink an der einzigen Bar der Insel. Aber im Grunde genommen eine Trauminsel....

...waeren da nicht die zahllosen Hunde der Einwohner, die sich nachts gegenseitig zerfleischen und jeden Spaziergang am Strand im Mondschein zum Spiessroutenlauf werden liessen. Zudem konnte man jederzeit in riesige Kuhfladen der vielen freilaufenden Rinder treten. Moskitos und andere fliegendes Geviech nervten enorm. Sandstrand, Kokospalmen, ein toller Rundgang durch den Dschungel und glasklares Wasser entschaedigten.

Nach der Rueckfahrt von der Insel sind wir aktuell in Kep, der 'Cote d'Azur' Kambodschas. Die kleine Stadt wurde zunaechst von den Roten Khmer, und danach von den Vietnamesen komplett zerstoert, alte franzoesisch anmuetende Villen stehen zerstoert in der Gegend herum. Langsam kommt hier das Leben zurueck, und das Warten auf den Massentourismus, der hier sicherlich in ein paar Jahren einziehen wird.

Generell ist Kambodscha fuer uns ein Koenigreich des sich Wunderns, ein interessantes, aber sehr schwieriges Reiseland, sowohl von den Leuten, vom Comfort, vom politischen System, von der Armut und auch vom Klima her. Die Menschen sind ueberwiegend sehr arm. Wir sind im Vergleich dazu steinreich. Alle wollen uns jederzeit etwas verkaufen. Die Regierung ist korrupt, verhindert Reformen und unterdrueckt ihre Bevoelkerung, um an der Macht zu bleiben.
Sandra machen die Hitze und die vielen Moskitostiche zu schaffen. Sie schwitzt unglaublich - man koennte jederzeit meinen, sie kommt grad aus der Dusche... Ihre Beine sine einzige Beulen. Die Bedienung im Internetcafe stellt uns bereits ungefragt Moskitospray hin. Meine Haut leidet unter der schwuelwarmen Hitze und ich habe eckelige Wunden an den Fuessen. Flipflop oder Schuh? Das eine schabt, das andere schwitzt... Ich experimentiere mit unserer Reiseapotheke, die uns Dr. Hesse aus Kreuzberg mitgegeben hat. Es ist nicht immer leicht. Kaliumpermanganat oder Bepanthen? Zumindest hat der Durchfall aufgehoert, ein wichtiger Teilerfolg, insbesondere nach all den unschoenen Loechern im Boden, die wir in Kambodscha gesehen haben!

Morgen geht es weiter nach Vietnam!

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