Montag, 4. Mai 2009

Sapa - die Stadt in den Wolken - das Krankenhaus des Grauens

Sapa, die Koenigin der Berge! Nach den klimatischen Strapazen der vergangenen Wochen haben wir uns beide nach den Bergen gesehnt, nach kuehle, nach feuchter frischer Luft! Sapa liegt abgelegen in den nordvietnamesischen Bergen, nur knapp unter der chinesischen Grenze. "Wenn euch da was passiert, seid ihr echt isoliert", hatte einen Tag vorher in Hanoi noch der Ugo zu uns gesagt, und dabei die Schweinegrippe gemeint...

Nun mal der Reihe nach. Von Hanoi aus nahmen wir frueh morgens den Zug, der fuer rund 350 Km fast 10 Stunden benoetigte. Aber zumindest ist fuer Unterhaltung immer gesorgt, dann man trifft die Einheimischen! Auch im Zug sind wir meist die einzigen 'Weissen', denn die meisten Touris nehmen klimatisierte Reisebusse, wo sie unter sich bleiben, und schneller ans Ziel kommen. Ich hingegen liebe Zuege - aber hier in Vietnam weiss man wirklich nie, was man bekommt, wenn man ein Ticket kauft. Der Zug nach Sapa war insofern eine Niete: Die Fenster waren vergittert, wie im Knast. Platz war wenig, und um rauszuschauen musste man sich den Kopf verrencken, denn Eisenjalousien waren heruntergelassen, warum auch immer.

Nun denn, nachdem wir uns die ersten Stunden mit Schlafen und Kniffel spielen vertrieben (Sandra wird immer besser und hat zudem noch Glueck!), kam dann die Ueberraschung. Ein asiatisches Paerchen glotzte nicht nur, sondern bot uns freundlich von deren Essen an! Bananenblaetter, zusammengebunden und mit Etwas gefuellt. Sandra war schon seit Wochen heiss darauf, Bananenblaetter gefuellt zu probieren. Normalerweise ist dann wohl Reis mit Bohnen oder so darin. Hier nicht.

Reden konnten die beiden nicht. Also assen wir einfach und laechelten dabei. Inhalt der gruenen Blaetter war eine weisse Masse mit braunen Koernern. Ich mochte das Zeug nicht so, Sandra ass gleich zwei....

Wir kamen an, suchten uns ein Hotel. Das war Hart, denn wo normalerweise ein berauschendes Ueberangebot an Hotels die sowieso guenstigen Preise noch drueckt, hier das Gegenteil: Aufgrund eines nationalen Feiertages (Sieg Nordvietnams ueber den Sueden, "Befreiung" Saigons) hatten die Vietnamesen Urlaub und fuhren in die Berge. Ein Zimmer, sonst 3 oder 4 Euro, diese Nacht 40. Und leider war es das letzte.... Somit das schaebigste und teuerste Zimmer unserer Reise. Aber die naechsten Tage waren wir in einem netten Laden, dem "Casablanca", gerade neu eroeffnet. Das Team sprach bis auf den Manager zwar kein Englisch, war aber supernett. Weil wir vier Tage blieben bekamen wir als Dank das schoenste Zimmer, und statt 25 US-Dollar zahlten wir nur 15 pro Nacht.

Am naechsten Tag dann sind wir erstmal ausgiebig gewandert. Rund um Sapa (knapp 8.000 Einwohner) gibt es kleine Doerfer mit den Hill Tribes, den ethischen Minderheiten mit bunten traditionellen Kostuemen. Die haben mittlerweile den Tourismus entdeckt, stehen zu dutzenden in Sapa rum und laufen einem ungefragt solange hinterher, bis man ihnen was abkauft (Kleider, Armbaender, Kopftuecher, ...) oder sie quasi als Guide engagiert. Manchmal lustig, weil gerade die jungen Frauen sehr innovatives Englisch reden ("Hey sister, you buy from me today, Okay?"), teils auch nervig, weil stalking-aehnlich. Unsere erste Wanderung fuehrte uns dann auch gleich durch das Dorf des Stammes der Black H'Mong, auf dem Bild Sandra in ernsten Verhandlungen mit dem Vertriebspersonal.

Auf der Wanderung sahen wir unglaublich schoene Reisfelder, die von den Bauern ueberall in Nordvietnam (und natuerlich auch China) in die Berge gehauen werden. Die Landwirtschaft und auch das Dorfleben sind hier sehr beschaulich, mit viel Handarbeit versehen und in Abwesenheit moderner Errungenschaften wir Traktoren und so. Aber nach ein paar Tagen fragte ich mich, ob die Landwirtschaft ueberhaupt noch Haupteinnahmequelle ist, oder nur noch als Inhalt fuer den Tourismus genutzt wird. Tagestouren zu den 'Rice paddies', Fuehrungen durch das Dorf, und kleine Kinder, die uns wiederum mit interessantem Englisch alles moegliche verkaufen wollen...

Spaeter auf der Wanderung fand ich dann auch endlich mal ein paar Wasserbueffel, die badeten. Das wollte ich die ganze Zeit schon mal fotografieren!


Krankenhaus
Am naechsten Tag hatte ich Durchfall, wir haben fast nichts gemacht tagsueber. Gegen Abend gings mir besser, aber Nachts um drei weckte mich Sandra auf. Sie hatte unglaubliche Magenkraempfe, die wurden auch nach einer Stunde und Schmerztabletten nicht besser. Sie kruemmte sich unter Schmerzen. Was nun? Ich rannte runter, weckte das Hotelpersonal, und bat dann darum, einen Arzt zu holen. Unser Hotelmanager teilte uns mit, das in Sapa keine Aerzte vorbeischauen, und wir ins Krankenhaus fahren muessen. Oh Gott! Eine halbe Stunde spaeter war ein Taxi da (in Sapa gibts fast keine, und der Fahrer musste wohl erst geweckt werden), und Sandra schleppte sich in das Auto, das uns durch die neblige Nacht zum Hospital fuhr. Krankenhaus in Vietnam, sowas wollten und sollten wir ja jeden Fall vermeiden. Immer wieder fiel mir der Satz unserer lieben Impfaerztin, Frau Doktor Hesse aus Kreuzberg ein, "Im Notfall immer nach Bangkok fliegen".
Leider kam das, was wir vorfanden, unseren Erwartungen sehr nahe! Im Krankenhaus, durch dessen Innenhof Wolken mystisch fuer Friedhofsstimmung sorgten, wurde eine Schwester aufgeweckt. Sie bat Sandra, im Aufnahmeraum auf einem Eisenbettgestell Platz zu nehmen. Der Raum war komplett verschimmelt. Das Bett erinnerte stark an die Folterbettgestelle im Tuol Sleng (der Folterknast in Phnom Penh). Zum Glueck war unser Hotelmanager die ganze Zeit bei uns, um zu uebersetzen. Auch hatte er sauberes Bettzeug mitgebracht, aus Erfahrung, denn er hatte schon viele Touristen mit Magenproblemen in das Krankenhaus gebracht waehrend der letzten Jahre.... Der Arzt, der dann auftauchte, laechelte erstmal suffisant, und schmunzelte auch weiter vor sich hin, als er Sandras Bauch abtastete und fuer weitere Schmerzen sorgte. Es gab dann zwei Pillen, und eine Spritze, die der armen Sandra von der Schwester wohl im Halbschlaf in den Oberarm gedrueckt wurde, und wiederum fuer hoellische Schmerzen sorgte - zumindest war sie aber steril verpackt vorher, noch das beste daran.
Es dauerte dann nochmal eine halbe Stunde, bis die Kraempfe und Schmerzen etwas nachliessen. Die Schwester schlief erstmal wieder. Der Arzt ging, nachdem er auf meine mehrmaligen Fragen, was Sandra habe, und was er ihr gespritzt hat, mehrmals sagte, dass es ihr innerhalb von zwei Tagen wieder gut gehen wuerde. Eine Stunde spaeter ging es ihr etwas besser, wir fuhren ins Hotel zurueck, und wissen immer noch nicht genau, was sie hatte. Nach zwei Tagen ging es ihr, wie vorausgesagt, wieder gut. Aber der Gedanke, dass man vielleicht im Zug auf die unbekannte, ungekuehlte weisse Masse mit braunen Koernern haette verzichten sollen, bleibt.

Uebrigens, die Behandlung samt Medikamenten und Rezepten im Krankenhaus musste ich sofort und in Bar bezahlen, um Sandra wieder mitnehmen zu duerfen. Die Rechnung belief sich auf 100.000 Dong, umgerechnet 5 Euro, die ich gerne und auch ohne Quittung dort lies.

Ich erhielt, zu meiner grossen Ueberraschung, wie von dem Reisebuero in Hanoi versprochen meinen Reisepass mit gueltigem Chinavisum per Nachtzug geliefert, samt Rueckerstattung der Expressgebuehr. Wir schlossen in den naechsten Tagen Freundschaft mit einem jungen Black H'Mong-Maedchen. Auf einer weiteren Wanderung waere ich beinahe auf einer von Einheimischen konstruierten 3D-Wippe umgekommen, bevor ich mit einem Strauss Freundschaft schloss. Es war auch weiterhin nebelig, und wir beschlossen, nie wieder in Asien Omelette zum Fruehstueck, oder ungekuehltes Essen zu uns zu nehmen. Werder ist im DFB-Pokalfinale, und auch im fernen Asien laesst mich Koenig Fussball nicht los!

Nach 6 Naechten zogen wir dann los, nach China!!!

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